đ€ Greenwashing im Marketing
Was es ist, warum es schlecht ist und welche Marken "greenwashen".
Jede Medaille hat zwei Seiten. So auch Nachhaltigkeits-Marketing.
Es gibt Green Marketing.
Und es gibt Greenwashing.
Beides verzeichnet gerade ein starkes Wachstum. Zweiteres mit schwerwiegenden Folgen.
Daher ist es umso wichtiger, Green Marketing richtig zu betreiben und Greenwashing auch aus Markensicht gleich vorzubeugen.
Heute werde ich
1 - erklĂ€ren woher der Begriff âGreenwashingâ kommt und was er bedeutet,
2 - zumindest zwei grĂŒne Markenblasen, mit denen wir alle in Kontakt waren, platzen lassen (sorry, not sorry),
3- zeigen, mit welchen Taktiken - leider auch von österreichische Unternehmen - Greenwashing betrieben wird.
Los gehtâs.
đŠ Working at the Towel-Wash
UrsprĂŒnglich kommt der Begriff âGreenwashingâ vom Umweltaktivisten Jay Westerveld, der in einem wissenschaftlichen Beitrag 1986 seinen Trip nach Fiji beschreibt.
Dort besuchte er ein Resort, in dem er eine (uns heute wohl allen bekannte) Notiz sah, in der die KundInnen aufgefordert wurden, ihre HandtĂŒcher doch wiederzuverwenden. Das Resort behauptete, dies wĂŒrde den Ozean und die Riffe schĂŒtzen, die die Titelseite ihres Marketings waren.
Also âHelp us, help the environmentâ. Schöne Idee, oder?
Aber Westerveld wusste auch, dass das Resort schnell wuchs und neue Bungalows baute, ohne an die Folgen zu denken. WĂ€hrend das Resort also offensichtlich an die Umwelt dachte (und HandtĂŒcher öfters zu verwenden ist ja generell gut und richtig), sagten ihre Handlungen etwas anderes.
Also tatsĂ€chlich Green-âWashingâ.
Wenn Unternehmen behaupten, nachhaltige Produkte oder Prozesse zu haben, aber dahinter keine wirklichen Investments oder operativen Handlungen stehen, die nachhaltig sind, sprechen wir heute von Greenwashing.
Kurz: KonsumentInnen werden getÀuscht.
Die Consulting Firma NOBL hat dazu den Begriff "Change Theater" eingefĂŒhrt:
âChange Theater = activities that give the appearance change is happening, or that change is supported by leadership, without actual traction or meaningful support.â
NOBL
Ein gutes Beispiel dafĂŒr:
2001 begann der Ălkonzern âBritish Petroleumâ seine Re-Branding Kampagne âBeyond Petroleumâ. Die Ironie, dass noch immer 96% des Umsatzes aus Ăl und Gas kommen, tut fast weh.
âMaking big claims, while doing very little.â
John Oliver, Comedian
Aber auch dort wurde erkannt, dass ein grĂŒneres Image viel Potenzial bei KonsumentInnen und InvestorInnen hat.
đ€š Tell me why
Und zwar weil immer mehr KonsumentInnen nachhaltig kaufen wollen.
In einem Paper der Havard University wurde identifiziert, dass Unternehmen ihren Umsatz um bis zu 20% durch die Einarbeitung von nachhaltigen MaĂnahmen steigern können.
Denn 66% der KonsumentInnen geben gerne mehr Geld fĂŒr nachhaltige Produkte aus.
In einer Welt, in der sich KonsumentInnen des Problems der Klimakrise bewusst sind und somit auch ihr Einkaufsverhalten anpassen wollen, aber wenig Zeit in Recherchen investieren, ob Produkte wirklich âgrĂŒnâ sind, kann mit etwas Greenwashing viel Umsatz gemacht werden.
đ Underneath your clothes
Die NGO Changing Markets Foundation hat herausgefunden, dass 59% aller Green Marketing Behauptungen von EuropĂ€ischen und UK Kleidungsherstellern irrefĂŒhrend sind. Obwohl es viele Versprechen gibt, den eigenen CO2 FuĂabdruck zu reduzieren, verwenden noch immer viele synthetische Fasern aus Erdölprodukten.
Und an erster Stelle steht eine Marke, bei der wir alle viel eingekauft haben: H&M
Vor einigen Jahren brachte der Gigant eine eigene âConscious Lineâ heraus. Alles wunderbar grĂŒn inszeniert und ganz natĂŒrlich im Look & Feel:
Doch was steckt dahinter?
2021 wurde festgestellt, dass genau diese Linie von H&M im Vergleich zur Hauptlinie einen höheren Prozentsatz an schÀdlichen synthetischen Materialien enthÀlt.
âH&M are not being clear or specific enough in explaining how the clothes in the Conscious collection are more âsustainableâ than other products they sell.â
Bente Ăverli, Deputy Director von Norwegens KonsumentInnenschutz
In einem sehr guten Artikel geht Tabitha Whiting noch mehr auf H&M ein und zeigt auch, dass deren Recycling Initiative einen groĂen Haken hat.
Allgemein halten 96% aller Behauptungen von H&M zu deren Nachhaltigkeit keiner PrĂŒfung statt. Auch deren Scorecards um Produkte zu bewerten sind IrrefĂŒhrend.
H&M weiĂ, dass sich Nachhaltigkeit und Transparenz gerade sehr gut verkaufen.
â60% of shoppers in the US, Europe and China want more transparency about the production journey their clothes have been on, so they can make ethical purchasing decisions.â
Eine andere Taktik die H&M (und viele andere Unternehmen) einsetzt, ist âCarbon Offsettingâ, etwas dessen Wirkung John Oliver hier sehr gut beschreibt:
âïž Greenwashing, what else
Auf zum nÀchsten Beispiel. Und hier gleich mal ein GestÀndnis zu Beginn: Ich habe Nespresso Kaffee und auch die Marke lange geliebt.
Mitunter gerade auch, weil ich nicht wusste, was hinter den grĂŒnen Kulissen passiert.
Weil Nespresso und der Mutterkonzern NestlĂ© einen echt âgutenâ Greenwashing Job machen.
Hier in KĂŒrze das Problem (ich bin ja Marketing- und nicht Nachhaltigkeits-Experte):
Nespresso hat Kaffee in Kapseln. Genauer gesagt: In Aluminiumkapseln.
Diese sind schwer recyclebar, brauchen viel CO2 in der Produktion und verursachen alleine in Deutschland geschĂ€tzte 5 Millionen Kilogramm MĂŒll pro Jahr.
Und weltweite SchÀtzungen werden hier greifbar gemacht:
âââWith a conservative estimate of 14 billion capsules being sold each year, and 0.9 grams of aluminium per capsule, that means 12,600 tonnes of Nespresso aluminium end up in landfill annually, enough for 60 Statues of Liberty.â
đœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœđœ
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(das waren 60 Statue of Liberty-Emojis)
Seit 2015 hat das Unternehmen ein weltweites Recycling Programm als Lösung auserkoren. Allerdings wird dabei einerseits die Lösung des Problems an die KonsumentInnen ĂŒbertragen und andererseits nur ein Teil wirklich wiederverwertet:
âEs gibt SchĂ€tzungen, nach denen bestenfalls die HĂ€lfte der Kapseln ĂŒber das Duale System einer Wiederverwertung zugefĂŒhrt wird.â
GĂŒnter Dehoust, Wissenschaftler Ăko-Institut, Freiburg
Ohne jetzt auf die diversen Menschenrechtsverletzungen einzugehen (hier mehr darĂŒber), kann ich guten Gewissens sagen: Was Nespresso im Marketing und mit George Clooney als Gallionsfigur macht, ist leider genau das, was wir als Greenwashing bezeichnen.
đ± Made in Austria
Das nĂ€chste Beispiel ist kein ganz so eindeutig âschlechtesâ Unternehmen, und dennoch Greenwashing-schuldig.
Die meisten wissen, dass die Herstellung unserer geliebten Elektronikprodukte nicht nachhaltig ist. Umso besser, wenn diese nach Gebrauch recycled, repariert und wieder gebraucht werden können.
Diese schöne Idee setzt das österreichische Unternehmen Refurbed um.
Doch wie in diesem Bericht von Trending Topics veranschaulicht, wurde mit den Worten â100% nachhaltigâ und â100% klimaneutralâ geworben.
âEs ist gut, gebrauchte Produkte zu kaufen, aber es bietet auch den Anreiz fĂŒr Unternehmen, zu ĂŒbertreiben. Da wird oft mehr versprochen, als in der RealitĂ€t machbar ist. â
Susanne Einsiedler vom Team Rechtsdurchsetzung von der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV)
Denn auch bei der Aufarbeitung gebrauchter GerÀte entstehen CO2-Emissionen und Elektroschrott, wie der VZBV erklÀrt.
Versteht mich nicht falsch - Refurbed ist eine echt gute Idee, unsere Welt etwas nachhaltiger zu gestalten. Aber wenn nachhaltige Ideen mit absoluten Begriffen arbeiten, die nicht zu â100%â stimmen, dann wird wiederum KonsumentInnentĂ€uschung betrieben und mit ĂŒbertriebenen Aussagen Marketing betrieben.
đ€ It is just advertising
Ăber die persönliche Verantwortung, die wir Marketeers rund um die Klimakrise haben, habe ich vor einigen Wochen geschrieben.
Doch warum ist es jetzt fĂŒr Marken so wichtig Greenwashing zu vermeiden?
Denn bei VerstöĂen gegen das IrrefĂŒhrungsverbot drohen Unterlassungsklagen und Vertragsanfechtungen oder SchadenersatzansprĂŒche sind möglich. Eine neue EU-Richtlinie bringt kĂŒnftig auch Strafen.
2. Das Misstrauen der KonsumentInnen (denn mit jedem aufgedecktem Greenwashing Fall, wird Zynismus wachsen) in Marken und Unternehmen wÀchst.
âBusinesses that greenwash, by design or by accident, are gambling their customers away.â
Amanda Shendruk & Tim McDonnell, JournalistInnen bei Quartz
Eine österreichische Studie fand 2022 heraus, dass KonsumentInnen die Greenwashing entdeckten, massiv Vertrauen in die Marke verloren.
KonsumentInnen blicken immer öfters hinter die Kulissen. Deshalb mĂŒssen wir uns genau ĂŒberlegen, was und wie wir kommunizieren.
â»ïž Always do Marketing on the Green Side of Life (next up)
Also wie vermeiden wir Greenwashing?
Wie funktioniert strategisches Green Marketing?
Zum Abschluss habe ich diesmal eine Frage:
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