🍀 Marketing für eine grüne Zukunft
Interview mit Green Marketing Experte Reinhard Herok über die Verantwortung, die Marketing für unsere Zukunft hat.
Hallo 👋 mein Name ist Florian Schleicher und das ist der FutureStrategies Newsletter von FUTURES. Schön, dass du mitliest 💚 Wenn du strategisches Marketing lernen willst, ist meine Simple & Sustainable Marketing Academy genau richtig für dich.
Nachhaltigkeit, Green- und Impact Marketing sind in aller Munde.
Gut so.
Angetrieben von immer dramatischeren Klimaveränderungen, Druck auf Regulatoren endlich aktiv zu werden und massive generationsbedingte Verhaltensänderungen, ist Nachhaltigkeit in vielen Gesprächen nicht nur Teil der Agenda, sondern oft auch ganz oben.
Doch wenn wir eine Lösung wollen, müssen wir uns auch ganz ehrlich in den Spiegel sehen: Auch Marketing hat dazu beigetragen, uns in die Klimakrise zu bringen.
Um mehr Lösungsansätze und Strategien zu finden, wie wir mit Marketing positiven Wandel herbeiführen können, habe ich mit Reinhard Herok ein Interview geführt.
Reinhard beschäftigt sich schon jahrelang mit dem Thema Green Marketing - ob im universitären Umfeld oder mit seinem eigenen Unternehmen. Mit ihm habe ich auch besonders über die Verantwortung gesprochen, die Marketing jetzt hat eine neue Geschichte zu schreiben und Teil der Lösung zu sein.
🎙 Das Interview
Worum geht es bei Green Marketing?
Wir befinden uns in vielen Bereichen an einem gesellschaftlichen, sozialen und ökologischen Wendepunkt. Wenn wir so weiterarbeiten, dann entziehen wir uns sämtliche Lebensgrundlagen. Das gilt auch für unsere Wirtschaft, es bleibt keine Zeit, die Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft wegzuschieben.
Marketing ist im Umbruch, der Wandel in der Gesellschaft fordert Veränderung ein. Auch das Marketing muss sich seiner Verantwortung bewusst werden. Marketing ist mächtig. Marketing erschafft Bedürfnisse und Bedürfnisse verändern die Welt. Es kann nicht ewig mit dem Weiter, Höher, Mehr oder Billiger weitergehen. Genau diese Haltungen haben uns mit Vollgas in diese krisenhafte Situation gebracht. Wir müssen Marketing neu denken, den eigentlichen Purpose entdecken und in Zukunft immer nachhaltig denken.
Marketing muss zum Green Marketing werden, um die Menschen dabei aktiv zu unterstützen, ihren Lebensstil nachhaltiger zu gestalten. Wir im Marketing müssen uns unserer Verantwortung und der zahlreichen kreativen Möglichkeiten bewusst werden und können dazu beitragen, Menschen für einen nachhaltigen Lebensstil zu begeistern: mit sinnstiftenden Strategien, wertorientierter Kommunikation, grünen Produkten und Services und mit ehrlichen Angeboten, mit denen sich KonsumentInnen bewusst für Klimaschutz, faire Sozialstandards, Artenschutz und Tierwohl entscheiden können. Mit Kampagnen und richtig gutem Purpose Menschen begeistern, inspirieren und eine suffizienzorientierte Lebensweise unterstützen.
Es gibt richtig viele Möglichkeiten und Ansatzpunkte, mit Green Marketing zu starten. Keine Frage, wenn es nur bei einzelnen kleinen Maßnahmen bleibt, dann sind wir gleich gern einmal im Green Washing gelandet. Green Marketing soll und muss Teil einer gesamtheitlichen Strategie sein. Green Marketing leitet sich aus dem Purpose und der grundsätzlichen Haltung eines Unternehmens ab.
Allein ein intensiver Blick auf die Wertschöpfungsketten zeigt viele konkrete Punkte, wie rasch im Sinn von Nachhaltigkeit eingegriffen werden kann. Es geht darum, die Ausrichtung eines Unternehmens so zu gestalten, dass die Belange von Umwelt, MitarbeiterInnen und der Gesellschaft respektiert und geschützt werden. Es geht also um einen ganzheitlichen Ansatz.
Viel der Diskussion rund um Nachhaltigkeit wird gerade von Verzicht geprägt. Eine Emotion die im Marketing schwer zu kommunizieren ist. Wie können wir aus deiner Sicht darauf eingehen oder das Framing ändern?
Ja, da hast du recht. Wenn über Nachhaltigkeit gesprochen wird, dann wird gern von Einschränkung, Wohlstandsverlust und Verzicht gesprochen. Bestimmte Gruppen wollen diesem Thema immer ein negatives Mascherl umhängen. Aber ganz ehrlich, bei den Daten und Fakten, die uns die Wissenschaft auf den Tisch gelegt hat, braucht es ein radikales Umdenken. Es braucht eine neue Story rund um Nachhaltigkeit. Eine Story, die inspiriert, die motiviert und die langfristige Perspektiven anspricht, die uns zukunftsfit macht und keinen zurücklässt. Nachhaltigkeit hat auch immer etwas mit Gerechtigkeit zu tun.
Aber wir sollten nicht zu pessimistisch sein. Gerade wenn man die junge Generation so beobachtet, dann spürt man recht deutlich, dass hier ein großes Umdenken stattfindet. Statussymbole wie eigenes Auto, Eigentum, … sind längst nicht mehr gefragt. Junge Menschen stellen sich verstärkt Fragen nach dem Sinn und fragen sich, wie kann mein Beitrag für eine „bessere“ Welt ausschauen. Gar nicht auszudenken, wenn diese Gruppe an den Schalthebeln der Macht sitzt. Es ist was in Bewegung und das wird auch für einen neuen Zugang zu Nachhaltigkeit sorgen. Ich bin und bleib’ ein Optimist.
Du hast als Optimist auch selbst einen großen Beitrag geleistet und die Green Marketing Konferenz ins Leben gerufen. Wie entstand das?
Die Geburtsstunde erlebte die Green Marketing Konferenz in der Zeit des lockdowns. Ich wollte unseren StudentInnen und interessierten Gästen die breite Palette von spannenden und inspirierenden Persönlichkeiten nicht vorenthalten. Das online Format stellte sich als echter Glücksfall dar. Dadurch konnte ich an die 8 SpeakerInnen eine Bühne geben. Immer in kleinen Häppchen von ca. 40 Minuten.
Die Bereitschaft, als SpeakerIn im Rahmen der Green Marketing Konferenz aufzutreten, war sehr groß und im November 22 fand schon die vierte Konferenz statt. Als Speaker konnten wir unter anderem Leonore Gewessler, Johannes Gutmann, Cornelia Daniel, Georg Strasser, Theresa Mai, Carsten Buck, Stefan Grafenhorst, Andreas Tschas und viele weitere Persönlichkeiten gewinnen. Die Green Marketing Konferenz ist auch ein ausgezeichnetes Beispiel wie online Formate gut in den Lehrbetrieb eingebunden werden können. Und ja, die nächste Konferenz wird schon vorbereitet.
Mit steigender KonsumentInnennachfrage rund um nachhaltige Produkte und Dienstleistungen nimmt auch Greenwashing immer mehr zu - warum ist diese Entwicklung gefährlich?
Grün ist positiv besetzt. Die Politik und Medien sprechen immer positiv im Zusammenhang mit grün. Es ist für Unternehmen also schon verlockend, auf diesen Zug aufzuspringen. Ein grünes Image hat noch nie geschadet. Ich glaube, einige Unternehmen tappen ganz unbewusst in die Greenwashing Falle und es gibt aber auch Unternehmen, die bewusst Greenwashing betreiben und sich mit „grünen“ Fähnchen schmücken. Es gibt verschiedene Ursachen für Greenwashing: fehlendes Wissen, zu wenig Auseinandersetzung, fehlende Prioritätensetzung, mangelnde Sensibilität, etc.
Durch Greenwashing geht aber auch das Vertrauen von direkten Stakeholdern wie KundInnen und MitarbeiterInnen verloren. Das heißt, dass Greenwashing auch ganz konkrete Risiken für Unternehmen birgt, wie zB. Umsatzverluste. Zusammengefasst, Greenwashing macht keinen Sinn. Die EU bereitet gerade eine neue Richtlinie zu „Green Claims“ vor und dann wird es strengere Regeln und auch Sanktionsmöglichkeiten geben.
Was ist aus deiner Sicht die Zukunft von nachhaltiger Kommunikation? Und wie kommen wir dorthin?
Nachhaltig bedeutet zukunftsfähig. Kommunikationslösungen, die diesen Anspruch erfüllen, verfolgen mehr als ein Ziel. Ganz oben steht nach wie vor das Kommunikationsziel. Entscheidend ist jedoch, auf welchem Weg dieses erreicht wird.
Konventionelle Marktkommunikation verspricht: Werbung wirkt! Vom Standpunkt der Nachhaltigkeit aus betrachtet ist den Nebenwirkungen genauso viel Aufmerksamkeit zu schenken. Eine Lösung, die zukunftsfähig sein will, muss Aspekte berücksichtigen, die über die kommunikative Leistung hinausgehen – in ökonomische, ökologische und soziale Bereiche.
Nachhaltige Kommunikation ist die beste Möglichkeit, die damit verbundene Verantwortung wahrzunehmen und damit langfristige Perspektiven zu schaffen. Für Menschen, Unternehmen und Organisationen, für unsere Umwelt, unsere Regionen und vor allem – für jene Generationen, von denen wir diese Erde geborgt haben.
Marketing ist während des gesamten Produktlebenszyklus präsent und hat daher viele Möglichkeiten, um aktiv in Sachen Nachhaltigkeit einzugreifen. Marketing ist nur die Spitze des Eisbergs, aber die Marketingaufgabe ist wichtig, weil alles, was hier gemacht wird, so sicht- und spürbar wird. Wie Menschen Produkte kaufen und konsumieren, hat enorme Auswirkungen auf unsere Erde und unsere Gesellschaft. Marketingverantwortliche können ihre „Macht“ gegenüber KonsumentInnen auf unterschiedlichen Wegen einsetzen und somit auch positiv und inspirierend wirken. Marketing ist eine mächtige Kraft. Marketing erschafft Bedürfnisse und Bedürfnisse verändern die Welt. Marketing kann suffizienzorientierte Lebensweisen fördern, indem es auf die Befriedigung von „Bedürfnissen“, statt die Schaffung von „Wünschen“ abzielt.
Wenn die Marketing- und Werbeszene sich ihrer besonderen Verantwortung und Möglichkeiten an dieser Front im Kampf gegen den Klimawandel bewusst würde, wenn sie daran mitarbeiten würde, dass Verzicht cool wird, Veränderung erstrebenswert und vieles mehr, sodass unser Verhalten klimapositiv beeinflusst würde, dann erreichen wir eine Beschleunigung des positiven Wandels.
Zu nachhaltiger Kommunikation gibt es eigentlich keine Alternative mehr. Die Klimakrise ist schon jetzt zu heftig zu spüren, soziale Ungerechtigkeiten und die Ausbeutung von benachteiligten Gruppen vervielfachen sich.
Und trotzdem: Wir können noch etwas tun! Kommunikation wird dabei eine Schlüsselrolle einnehmen.
3️⃣ Last Questions
Zum Abschluss hier noch meine kurze Frage-Antwort-Runde mit Reinhard:
Welches Buch hast du gerade gelesen und magst du empfehlen?
„Acht Berge“ von Paolo Cognetti – ein Buch über Heimat und Freundschaft.
Welche Marke findest du, macht gutes Green/Impact Marketing?
Die Zukunft von Storytelling…
liegt im TUN!
〜 Ende des Interviews 〜
👀 Auf einen Blick
“Ich bin und bleib Optimist” - ein Satz der Reinhard und mich, neben unserem nachhaltigen Herz verbindet. Wir brauchen dringend mehr Menschen, die optimistisch sind.
Das erinnert mich an eine Aussage von Zukunftsforscherin Jane McGonigal in ihrem Buch Imaginable:
“Urgent optimism is the desire to act immediately to tackle an obstacle, combined with the belief that we have a reasonable hope of success.”
Aus großer Kraft, kommt große Verantwortung. Marketing erschafft, wie Reinhard richtig sagt Bedürfnisse. Und Bedürfnisse verändern die Welt.
Wenn wir es also schaffen, Marketing neu zu denken, eine neue Geschichte rund um Konsum und Nachhaltigkeit zu erzählen und Menschen damit begeistern, werden wir es auch schaffen unsere Zukunft positiv zu gestalten.
Die Zukunft ist nachhaltiger Impact.
Und Menschen wie Reinhard, Olga und ich gestalten sie mit.
Bist du dabei?
Danke fürs Mitlesen!
PS: Du kannst dieses Posting auch in englischer Version lesen.
Reinhard Herok ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lektor am Institut für Nachhaltigkeit der FH Wiener Neustadt Campus Wieselburg und Lektor am IMC Fachhochschule Krems. Er hat sich auf Themen wie "Green Marketing", "Green Branding" und "Sustainable Communication" spezialisiert. Nach jahrelanger Erfahrung in den Bereichen Marketing und Nachhaltigkeitsmanagement machte er sich selbstständig und gründete im April 2014 seine eigene Firma "herok – only with passion", mit der er es sich zum Ziel gemacht hat, als Trainer und Mentor Green Start Ups in Österreich auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen. Er begeistert sich für neue Ideen und nachhaltige Produkte und trägt sehr gerne zu sinnstiftenden Initiativen bei.
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