🗞 Mit PR zum Start-Up Erfolg
Interview mit Geschichtenprofi Gregor Fauma - inklusive dem 5-Satz-Modell, Tipps rund um Pitches und erfolgreiche Pressearbeit
Hallo 👋 mein Name ist Florian Schleicher und das ist der FutureStrategies Newsletter von FutureS. Schön, dass du mitliest 💚 Wenn du strategisches Marketing lernen willst, ist meine Simple & Sustainable Marketing Academy genau richtig für dich.
🤫 Ich möchte euch etwas gestehen.
Jeden Tag lese, höre und sehe ich so viele Informationen, führe so viele Gespräche, dass es oft schwer ist, gute Gedanken lange in Erinnerung zu behalten.
Manche Inhalte vergesse ich aber gar nicht.
Sie haben sich festgesetzt in meinem Kopf und ich freue mich, sie immer bei mir zu haben.
So ging es mir zum Beispiel mit dem 5-Satz-Modell von Gregor Fauma.
Ich habe Gregor kennen und schätzen gelernt, seit er uns bei Too Good To Go als Trainer für Interviews und Medienkontakte beraten hat. Also steckt in der Erfolgsgeschichte des Impact Start-Ups auch ein großes Stück von ihm und seinen Ansätzen drinnen.
Da dachte ich mir “Warum soll nur ich von seinen wertvollen Inputs profitieren?”
Deshalb habe ich ihn interviewt.
💬 Worum geht es heute?
In unserem Interview geht Gregor darauf ein,
warum PR gerade für Start-Ups ein ideales und günstiges Tool sein kann,
wie das geniale Konzept vom 5-Satz hilft, Geschichten richtig für Medien aufzubereiten,
wie wir Beziehungen zu Medien und JournalistInnen aufbauen können,
worauf es in den ersten 20 Sekunden eines Pitches und einer Präsentation ankommt
und wie richtig erfolgreiches Storytelling funktioniert.
Neugierig geworden?
Dann geht’s gleich hier los:
🎙 Das Interview
Die meisten Start-Ups legen den kommunikativen Schwerpunkt auf digitale Kommunikation - wir beide haben aber auch viel gute Erfahrungen mit klassischer PR gemacht. Welches Potenzial hat Pressearbeit aus deiner Sicht auch für junge Organisationen?
Wenn junge Organisationen ihre Stakeholder auch über die klassischen, alten Medien erreichen können, wäre es grob fahrlässig, dies nicht auch zu versuchen. Tageszeitungen und Wochenjournale haben eine große Reichweite und bringen ein anderes Gewicht in die Berichterstattung als Social Media. Entscheidend ist, ob die Zielgruppe diese Medien nützt oder nicht.
Wenn ja, dann empfehle ich schon sehr, die wesentlichen FachjournalistInnen zu kennen, anzusprechen und wohl dosiert und nur gelegentlich mit echten Geschichten zu versorgen. Und selbst, wenn jene MedienvertreterInnen die Geschichte nicht in ihrem Medium unterbringen, so sind sie nach wie vor wichtige MultiplikatorInnen innerhalb einer meinungsbildenden Bubble. Sie stellen wichtige Knotenpunkte in jeglichen Informationsnetzwerken dar, Social Media dezidiert eingeschlossen. Das Medium Radio würde ich nur zur Positionierung als SpezialistIn empfehlen – nicht für ein Unternehmen.
Und wer es ins lineare Fernsehen schafft, hat eine sehr breite Zielgruppe wohlhabender, weil älterer Menschen vor sich. Und auch diese reden mit ihren Kindern, Nichten und Neffen über Neues am Markt, Trends und Entwicklungen. Nicht ganz uninteressant. Und diese Form der klassischen Pressearbeit kostet nur Zeit. Man braucht kein Geld in die Hand zu nehmen, um prominent publiziert zu werden. Die Fähigkeit dazu besteht darin, wie ein Redakteur, wie eine Journalistin zu denken und die Geschichten entsprechend aufzubereiten. Ab dann ist man nur noch im Wettbewerb mit anderen Geschichten um die Fläche.
Was macht gute Pressearbeit und Presseaussendungen aus?
Gute Pressearbeit bedeutet, JournalistInnen zum Teil des eigenen Netzwerkes zu machen. JournalistInnen wollen sich nicht gegängelt, bezahlt oder bedrängt fühlen. Sie möchten aus deinen Stücken ihre Geschichten schreiben – und brauchen dazu InformantInnen.
Als solche/r wird man dann auch gesehen und sollte entsprechend agieren: Maximal prägnante Information, so aufbereitet, dass den MedienvertreterInnen keine unnötig aufwendige Arbeit entsteht, wenn sie die Texte/Inhalte in jene ihrer LeserInnen und SeherInnen übersetzen müssen. Es geht um ein Abstrahieren und Vereinfachen der Informationen.
Dazu hilfreich kann die 5-Satz-Technik sein:
Teil 1 ist ein Statement, eine These. Hier schafft man mit einem Hauptsatz Fakten.
Es folgen Teil 2, 3 und 4: Hier werden Argumente, Aspekte oder Beispiele angeführt, welche die These unterstützen. Ebenso in kurzen Sätzen und ohne Ausschweife heruntergebrochen.
Teil 5 ist das Fazit, im Business-Case vermutlich der Kundennutzen, zu dem These und Argumente letztendlich führen.
Ein erfundenes Beispiel:
„(1) Mit der App better-not-buy verhindern Sie unnötigen Konsum. (2) Diese App scannt Ihre Waren im Regal, (3) berechnet einen CO2-Fußabdruck und zeigt, (4) dass Sie Ihr tägliches CO2-Budget womöglich bereits verbraucht haben. (5) Damit leistet better-not-buy einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz.“
Mit solchen knapp formulierten Geschichten erhöht man die Wahrscheinlichkeit, von Journalist:innen gehört zu werden.
Auf klassische Presseaussendungen würde ich auf jeden Fall verzichten, sorry, liebe APA, sondern statt dessen den direkten Kontakt suchen. Spart Geld, erhöht die Wahrscheinlichkeit, wahrgenommen zu werden. Deshalb spare ich hier mit Tipps, wie man eine Presseaussendung richtig schreibt. Einfach googlen…
Okay und wie kann ich mit Kommunikation eine erfolgreiche, professionelle Beziehung aufbauen?
Do ut des: Das ist Latein und bedeutet „Ich gebe, auf dass Du gibst.“
So funktioniert Business. Es ist nicht das Maximieren von raschen Gewinnen, sondern ein gemeinsames Wachsen – aneinander, das langfristig erfolgreich ist. Evolutionsbiologisch hat sich reziproker Altruismus durchgesetzt und gilt als EES, eine evolutionär stabile Strategie.
Es war der Mathematiker Anatol Rapoport, der mit seinem spieltheoretischen Ansatz einen Algorithmus entwickelt hat, der sich in interwissenschaftlichen Wettbewerben gegen alle anderen Algorithmen durchgesetzt hat: Tit-4-tat.
Wie funktioniert Tit-4-tat?
Beginne im Rahmen einer Interaktion mit einem anderen Spieler mit einem Kooperationsangebot, und ab dann spiegelst Du seine Spielzüge. Antwortet der andere Spieler auf dein Kooperationsangebot mit Betrug, so reagierst Du auch mit Betrug darauf. Kommt dann von der anderen Seite der Spielzug Kooperation, so kooperierst Du umgehend. Dadurch wird Betrug sofort bestraft, aber kein nachtragendes Verhalten gezeigt.
Bei diesem Spiel, wo das Ende der Interaktion nicht absehbar ist, gibt es keinen Gewinner oder Verlierer. Beide erreichen ein Punktemaximum – echtes Wachstum. Erst wenn das Ende der Interaktion absehbar ist, kann man mit Betrugsstrategien einen finalen, raschen Gewinn einfahren. Hier endet meist die Kooperationsbereitschaft der Spieler.
Das widerfährt MitarbeiterInnen knapp vor ihrem Vertragsende, wenn die Kollegen nur mehr sehr müde Hilfestellungen anbieten. Das kennen Häuslbauer, wenn knapp nach dem Bezahlen einer hohen Rechnung ein Lieferant Insolvenz anmeldet – bevor er liefert. Und umgekehrt ist das erste Kooperationsangebot durchaus üblich: Die erste Stunde Beratung ist in vielen Berufen gratis und eine Einladung, als nächsten Zug zu kooperieren. Sprich, einen Deal einzugehen.
Auch der Wunsch nach Anzahlung entspricht dem Wunsch nach „Bitte beginne mit einem Kooperationsangebot“, auf das man dann selbst zurückkooperieren kann. Die Sicherheit spielt hier die wesentliche Rolle. Die Sicherheit, dass die andere Seite kooperieren möchte.
Was heißt das für das tägliche Business? Frage nicht, was Du bekommst, sondern biete als ersten Spielzug Deine Kooperationsbereitschaft an. Ab dann ist das Spiel eröffnet. Online-Funnels arbeiten exakt so, btw.
Ein anderes aber verwandtes Thema: In den meisten Organisationen sind Pitches wichtig, um Projekte an Land zu ziehen oder sich Unterstützung zu sichern. Was ist dabei wichtig um diese Pitches erfolgreich zu gestalten?
Zwei Aspekte sehe ich im Vorfeld als entscheidend: Die Aufmerksamkeit und die Glaubwürdigkeit. Die Aufmerksamkeit sollte das Produkt, die Dienstleistung qua ihrer Einzigartigkeit bewirken. Das funktioniert meist über den finalen Zweck, den diese Innovation hat.
Hier denken die meisten Menschen am finalen Zweck vorbei und langweilen mit irgendwelchen Zwischennutzen. Was wird durch das Produkt auf dieser Welt besser, einfacher, billiger? Wer hat am Ende des Tages ganz konkret welche Vorteile durch diese Innovation? Wie verändert sich mein Leben durch Deine Innovation? Hier scheitern bereits die meisten beim Ausarbeiten dieser Inhalte.
In Sachen Glaubwürdigkeit erlebe ich Dramen sondergleichen. Da lügen die PräsentatorInnen ihre Zielgruppe bereits beim Begrüßen an, in dem sie irgendeine Floskel von sich geben, die zwar Emotionen anspricht, wo aber keine Emotionen dahinterstecken: „Herzlich willkommen, ich freue mich sehr, dass …“ Es ist zum Heulen, wenn man sieht, an welchen Kleinigkeiten das Scheitern seinen Anfang nimmt.
Be real! Sag, wie es Dir geht! Raus damit! Wir sind alle, wirklich alle, zumutbar.
Wir sind das Angebot, wenn wir ein Produkt vorstellen – und uns werden die Menschen nur glauben, wenn wir ausschließlich ehrlich und offen kommunizieren. Wir Menschen haben ein unglaublich feines Sensorium dafür, ob es jemand ehrlich meint oder nur eine Fassade aufbaut. Das war und ist eine evolutionäre Notwendigkeit. Ohne dieses Gespür für ehrlich/unehrlich hätten wir einander längst gegenseitig ausgerottet.
Also: Nur ja nicht verstellen, nackt und verwundbar, fehlerhaft und bescheiden sein – und in der Sache kompetent. Wir brauchen keinen schicken Anzug, um eine App zu verkaufen. Wir brauchen keine gedrechselte Sprache, um Investoren an Bord zu holen. Wir müssen auf jeglichen Tand verzichten, der nur eine Behübschung darstellt – und damit dem Gegenüber suggeriert, dass da etwas behübscht werden muss. Das geht nach hinten los.
Hat man die Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit einmal erreicht – und ich rede von den ersten 20 Sekunden einer Präsentation, dann kann man beginnen, seine Wirkung zu steuern und mit einer dialogischen Grundhaltung seine Innovationen präsentieren. Gerne auch stolz und voll Freude.
Was ist aus deiner Sicht die Zukunft von Kommunikation? Glaubst du wird sich viel durch die Digitalisierung und neue virtuelle Realitäten verändern?
Was heute neu ist, ist morgen schon wieder alt. Es ist ein selbstgefälliger Irrglaube anzunehmen, dass in den letzten Jahrhunderten nicht auch ständig Innovationen die Kommunikation bestimmt hätten – und nur die aktuellen Jahrzehnte die Gamechanger seien. Neue Entwicklungen explodieren förmlich in eine Richtung.
Hier gibt es meist Epigonen, die sich an der Spitze dieser Entwicklung wähnen und ihren Lebensinhalt darin sehen, diese Entwicklung als neue Zukunft zu verkaufen. Andere sehen sich das in Ruhe an, wissend, dass es immer einen Gegentrend geben wird, der zwar nicht die Richtung, aber die Intensität ändern wird.
Oder, wie man auch sagt: So heiß wird die Suppe nicht gegessen. Kurze, schrankenfreie Technologien (wie ChatGPT), werden rechtlich rasch eingefangen werden müssen – so wie es für Gentechnologie bereits geschehen ist und zum Teil auch für deep learning basierte AIs. Transparente, demokratische Regelwerke sind zwingend notwendig, um neue Tools unbedenklich einsetzbar zu machen. Das braucht halt seine Zeit.
Es wird sich viel verändern, ja, aber das ist nichts Neues, das bestimmt das Wesen des Homo sapiens.
3️⃣ Last Questions
Zum Abschluss hier noch meine kurze Frage-Antwort-Runde mit Gregor:
Welches Buch hast du gerade gelesen und magst du empfehlen?
Sie nannten sich Der Wiener Kreis - Exaktes Denken am Rand des Untergangs, von Karl Siegmund
Ich liebe Wissenschaftsgeschichte, speziell über die Schnittstellen der Philosophie und Naturwissenschaften. Dieses Werk des weltberühmten Biomathematikers lässt die Zeit von Boltzmann und Mach bis Schlick und Wittgenstein Revue passieren, geht auf sämtliche Geistesgrößen aus diesen Bereichen ein (Gödel, Popper) und legt die revolutionäre Denkweise der Logischen Positivisten und ihres Zirkels, den Wiener Kreis, dar.
Welche Marke findest du, macht gerade erfolgreiches Marketing?
SONY hat seine Digitalkameras, im Speziellen die Alpha-Serie, und FE-Objektive schon sehr geschickt über sämtliche Blogger positioniert. Das Produkt ist gut, aber das Marketing ist noch besser.
Die Zukunft von Storytelling ist …
ihr sachter, bedachter Einsatz.
Zu wenig und zu viel sind des Narren Ziel. Ja zu Storytelling, wo es seinen Platz hat. Nein zu einem abundanten Gebrauch bei jeder Gelegenheit. Aber rein prinzipiell funktioniert es besser als sämtliche Argumente. Wir Menschen sind auf Storytelling angewiesen, denn der Zwang hin zum Austausch von Geschichten stand am Anfang der Entwicklung unserer Intelligenz und Sprache (Robin Dunbar lesen, wer da mehr wissen will). Können muss man es halt auch: Andere Sprachmelodie, andere Körperhaltung, usw. …
〜 Ende des Interviews 〜
👀 Auf einen Blick
Das Modell vom 5-Satz hat meine Art mit Medien zu kommunizieren verändert und erleichtert.
Ich finde auch Gregors Gedanken zur Allgegenwart und Vergänglichkeit von Trends und Entwicklungen schön, entspannend und passend.
Und ja - Echtheit, Authentizität ist aus meiner Sicht der Schlüssel jeder erfolgreichen Kommunikation. Es bringt nichts, wenn wir uns verstellen.
Die Gefühle kommen sonst nicht an, und damit auch nicht unsere Botschaften.
Danke fürs Mitlesen!
PS: Du kannst dieses Posting auch in englischer Version lesen.
Univ.-Lekt. Mag. Gregor Fauma hat in Wien und Rom Biologie studiert und sich auf das Verhalten der Menschen spezialisiert. Mit diesem Wissen arbeitet er als Präsentations-, Rede- und Medientrainer und hält Keynotes, die das affige Verhalten am Arbeitsplatz zum Thema haben. Als Leiter Marketing & Vertrieb einer Trainingsagentur hatte er eine gewisse Nähe zu den Themen 😉
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